Montag, 26. November 2018

Harbarth - und die große Frage


Liebe Freunde – 

am 22.11.2019 ist nun tatsächlich Stephan Harbarth zum neuen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes gewählt worden.
- S. etwa FAZ >>

Für unsere Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen in Hartz IV hat das natürlich Konsequenzen, da der jetzt abgelöste Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes, Ferdinand Kirchhof, die Frage am kommenden 15.01. noch entscheiden wollte.


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Wird der Termin am 15.01. gehalten werden?
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Werden die im Senat verbleibenden sieben Richter jetzt ohne ihren bisherigen Senatsvorstand entscheiden?
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Oder wird Harbarth bei diesem Prozess schon mit abstimmen wollen (oder müssen)  und der Termin zu seiner Einarbeitung verschoben werden?
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Und welchen Einfluss auf die Entscheidung selbst wird der Wechsel an der Spitze des Senates haben?

Das sind die Fragen, so weit sie „unseren“ Prozess betreffen.

Aber es gibt weitere:

Mit Harbarth wird ein Mensch in die Spitze des BVerfG gebracht, der Fraktionsvize in der CDU, Anwalt für Konzerne und die Geldmärkte und darüber hinaus auch führender Kommentator in der Rechtsliteratur auf dem Felde der Firmen- und der Geldmarktgesetze war. 

Bei der Rolle, die die Firmen und die Geldmärkte in der Gegenwart spielen, ist es sicher angebracht, einen tiefgehenden Kenner für die damit verbundenen rechtlichen Fragen beim Bundesverfassungsgericht zu haben.

Aber muss er dann auch gleich an der Spitze des Bundesverfassungsgerichtes sein?

Die Befürchtung ist nicht abzuweisen, dass so zunehmend Entscheidungen getroffen werden, die den Kapitalmarkt statt die Rechte des individuellen Einzelmenschen und die (demokratischen) Rechte der Gemeinschaft stärken, dass sozusagen die Kapitalmarktmächte dabei sind, das Bundesverfas-sungsgericht zu übernehmen.

Nun, wir werden sehen.

FÜR Harbarth spricht in dieser Beziehung, dass er als zuverlässig und als konsequenter Denker in seinen Kreisen wahrgenommen wird.

GEGEN ihn spricht allerdings, dass er tief verzahnt gerade mit den Kapitalmarktmächten ist und schon als Abgeordneter für seine „Nebentätigkeiten“ als Anwalt für Konzerne und Kapitalinteressen „Nebeneinkünfte“ in der höchsten anzugebenden Stufe überhaupt (d.i. "über 250.000 €") erhielt.

Ob er sich da lösen kann?
Ob er wirklich zum Geist des Grundgesetzes findet - und diesen
sowohl gegen die vielfältigen menschenrechtswidrigen staatlichen 
als auch gegen die nicht weniger vielfältigen menschenrechtswidrigen wirtschaftlichen Kräfte stärkt?

Die Frage ist offen.
Wir werden sehen.

(25.11.2018, Ralph Boes)

4 Kommentare:

  1. Gestern am 1. Advent, um 19:10 Uhr, gab es einen interessanten, für mich aufschlussreichen, Beitrag in der ZDF-Sendung “Berlin direkt“ über Hartz4.
    Da sagt unser Bundesarbeitsminister, Herr Heil: „Deutschland is ne Arbeitsgesellschaft, wird´s auch bleiben […] die SPD ist für mich die Partei der Arbeit…“ !
    Na „Heil der Arbeit“ - würde ich an dieser Stelle mal sagen (kleiner Wortwitz) !
    Die SPD hat sich mit diesem SGB 2 mit Sanktionen zur NSDAP (Neusozialistische Deutsche Arbeiterpartei) gemacht.
    Sie werden auf ein Recht (Pflicht) auf Weiterbildung und/oder Umschulungen pochen. Mehr nicht !
    Unsere Bundesregierung hat sich nun mal mit dem Kapitalismus verbunden.
    So wie es z.B. im Mittelalter in Europa eine rechtliche und ideologische Verbindung zwischen Kirche und Staat gab - mit all seinen Nebenwirkungen - haben wir mit unserer heutigen Regierung eine Verbindung zwischen Kapitalismus und Staat.
    Solange diese Verbindung besteht, werde ich in dieser Sache hier meinen Pessimismus einfach nich los - leider ! :-/
    Unser Staat sanktioniert nun heute einfach anstatt mit klerikalen Mittel, mit Mitteln des Kapitalismus. Und das ist halt der Entzug von Kapital bei Nichtkooperation.
    Ich würde das “soziales Waterboarding“ nennen !

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  2. Deutschland ist eine Arbeitsgesellschaft?
    Ne, nicht mehr; das war sie mal lange Zeit. Heute ist's längst eine Arbeitssimulationsgesellschaft geworden.
    Das wird auch so bleiben? Es wird und KANN rein rechnerisch betrachtet nicht so bleiben.
    Nichts schlimmer, als - wie wir es grade erleben müssen - eine vorauseilende (technisch und an den sonstigen Gegebenheiten zu ermessende) Entwicklung auf vollkommen unvorbereitete Menschen trifft. "Verschlafen" wäre da noch verharmlost ausgedrückt. Wir stauchen und pressen die Dinge auf unser kleines Mass zurecht, dass sie wie die Konservenbuechsen aus der Autopresse herauskommen. Platt flach hochkomprimiert.
    Erinnert mich ein bißchen ans stille Oertchen, oder jeden anderen Friedhof..

    Alfred.

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  3. "Harbarth gehört zu den vier Top-Nebenverdienern unter den 630 Abgeordneten. ..."

    "Die Nebeneinkünfte dieses Abgeordneten sind seine Haupteinkünfte. Die nach oben offene Bereicherungs-Skala soll bei Harbarth um etwa eine Million Euro pendeln, wie einschlägige Kenner vorsichtig vermuten. ..."

    ".... Und weil der skandallose Neben- und Hauptverdiener das alles schon länger macht, hat er daneben, wie Ex-Kollege Merz, noch Einkommen aus Vermögen: Das muss er aber nach den barmherzigen Publizitätspflichten des Deutschen Bundestages nicht als Nebeneinkünfte angeben."

    "Seine Kanzlei SZA mit 65 Anwälten, davon 20 Partnern wie Harbarth selbst, ist als Aktiengesellschaft organisiert, nach US-Vorbild also eine law firm. ... Rechtliche Vertretung ist hier eine Ware wie eine andere, allerdings eine besonders hochwertige. Es geht nicht um Recht im Sinne von Gerechtigkeit, nicht um Gleichheit aller Bürger und Bürgerinnen vor dem Gesetz. Vielmehr verkauft SZA das Recht-Bekommen als möglichst teure Ware, die einen möglichst hohen Gewinn bringen soll, für die Kanzlei selbst, etwa für Anwalt und Vorstandsmitglied Harbarth und auch für die Mandanten. " ...

    "Der Unternehmer-Anwalt, der selbst zur Erosion seiner selbsternannten "Volks"partei beiträgt, der Groß-Nebenverdiener im Bundestag, der Mit-Organisator der Steuer-"gestaltung" für Vermögende, der intransparente Multimillionär, der blinde "Amerika"-Anbeter, dem Völkerrecht und Menschenrechte nach US-Vorbild am Arsch vorbeigehen – der soll zum obersten Hüter des Rechts in Deutschland werden? Und auch noch Retter der politischen Verhältnisse, zu deren Zerstörung er selbst beiträgt? ..."

    Quelle: nachdenkseiten

    Ja, was soll man da machen? Auf die Barrikaden?

    Zumindest ist es mit dem Nebenverdienst für "Mister Nebenverdienst" jetzt wohl erst mal vorbei. (*) Wenn er seine Zeit in Karlsruhe abgesessen hat, wird ihn aber sicher der ein oder andere lukrative Nebenverdienst bei dem ein oder anderen ehemaligen Konzern-Klienten erwarten, mit dem er seinen Nebenverdienstausfall mehr als wett machen kann. Eine Hand wäscht die andere, und er soll ja nicht am Hungertuch nagen - so ganz ohne Nebenverdienst.

    Bis dahin darf der millionenschwere Herr Konzernanwalt aber erst mal zwölf Jahre lang über unsere Grundrechte entscheiden. Da wird einem kotzübel ...


    (`*) Ich gehe mal davon aus, dass er seine Beteiligung an der Anwaltsklische aufgeben muss, wenn er in Karlsruhe einzieht. Oder habe ich da etwas falsch verstanden, von wegen Interessenskonflikten und so, ...

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    1. Ach ja, von wegen Interessenkonflikten: Wo und wie hat denn der Millionärs-Richter sein Vermögen angelegt? Der "Wertpapierexperte" hat seine Millionen ja sicher nicht bei der Sparkasse auf dem Girokonto, sondern gewinnbringend "investiert". Von wem bezieht er also seine Rendite? Welche Aktien hält er? Wo und wie ist er mit seinem Millionenvermögen involviert, welche Bank mänätscht sein Portfolio, welche Steueroasen sind daran beteiligt und - ebenfalls sehr interessant - hat er Schweizer Konten?

      All das müsste er nun eigentlich offenlegen, von wegen Interessenkonflikten, und so.

      Andernfalls wird man künftig jede Entscheidung an der er mitwirkt, auf seine persönlichen Vermögensinteressen hin durchleuchten. Da gibt es sicher einiges zu tun in den nächsten 12 Jahren, und wir dürfen wohl mit einigen unappetitlichen Enthüllungen rechnen, die den cleveren Bundesverfassungsmillionär heimsuchen werden ...

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